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Neue Chancen für die Leber

Auf der Basis eigener Forschungsergebnisse kann das universitätsmedizinische Leberzentrum drei neue wegweisende Therapien zur Behandlung von Hepatitis-C und Krebs anbieten. Diese Erkenntnisse wurden unter anderem im weltweit führenden New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Das Leberzentrum am Universitätsklinikum Frankfurt ist der überregionale Standort für die Versorgung aller Formen und Stadien von Lebererkrankungen, inklusive der komplexesten Fälle, sowie für die Entwicklung von Therapieinnovationen: Von einer neuen Wirkstoffkombination können weltweit Millionen Hepatitis-C-Patienten profitieren, ein operatives Verfahren zur Leberteilung macht Hoffnung für Menschen mit Metastasenbefall und eine Lasertherapie beugt der Rückkehr von Krebszellen vor. Zu allen Verfahren hat das Leberzentrum in jüngster Zeit Forschungsergebnisse veröffentlicht oder neue Studien begonnen. „Diese wegweisenden Therapien aus verschiedenen Gebieten der Leberbehandlung belegen nicht nur die herausragende Qualität unserer medizinischen Forschung. So ist es Prof. Zeuzem gelungen, gleich zwei Fachartikel im New England Journal of Medicine zu publizieren, das als bestes medizinisches Fachmagazin gilt. Sie stehen auch für den Erfolg der interdisziplinären Zusammenarbeit in unserem Hause“, betont Prof. Jürgen Schölmerich, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt. Im Leberzentrum haben sich die Medizinische Klinik 1, die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie zusammengeschlossen.

Heilung für alle Hepatitis-C-Patienten?
Rund 130 bis 150 Millionen Menschen weltweit sind chronisch an Hepatitis C erkrankt. Im Verlauf führt sie oft zu Leberzirrhose oder Leberkrebs, in vielen Fällen mit tödlichem Ausgang. In der Ende 2015 im New England Journal of Medicine veröffentlichten internationalen Studie unter Federführung des Leberzentrums am Universitätsklinikum Frankfurt wurde eine neue Wirkstoffkombination untersucht: eine Mischung aus Sofosbuvir und Velpatasvir. Die Patienten nahmen das Medikament für zwölf Wochen täglich ein. Die Resultate waren eindeutig: Mit der Therapie konnten die Patienten in 95 bis 99 Prozent der Fälle geheilt werden. Bisherige Medikamente verursachten noch starke Nebenwirkungen, die jetzt eingesetzten sind praktisch frei von ernsten Begleiterscheinungen. Die Relevanz dieser Forschungsergebnisse ergibt sich vor allem aus der universellen Einsetzbarkeit. „Wir haben jetzt die schonende Wirksamkeit eines Medikaments nachweisen können, das bei allen Genotypen der Krankheit sehr effektiv ist. Das erlaubt uns die Heilung fast aller Hepatitis-C-Patienten weltweit. Denn in Zukunft können nicht nur spezialisierte Zentren mit guten Diagnosemöglichkeiten diese Therapie erfolgreich einsetzen, sondern alle dezentralen Behandlungsstandorte“, erläutert Prof. Stefan Zeuzem, Studienleiter und Direktor der Medizinischen Klinik 1. Bislang ist die Therapie allein im Rahmen wissenschaftlicher Studien verfügbar, die Betroffenen am Universitätsklinikum Frankfurt angeboten werden. Das Leberzentrum forscht zudem in weiterführenden Studien auch noch an Lösungen für die letzten verbliebenden Patienten, die nicht optimal von der bestehenden Therapie profitieren.

Letzte Hoffnung Leberteilung
Die Leber ist das am häufigsten von Krebsmetastasen befallene Organ. Bei einigen Krebserkrankungen kann durch chirurgische Entfernung der Lebermetastasen eine dauerhafte Heilung erzielt werden. Dieses Verfahren kann aber nur dann angewendet werden, wenn nach der Leberteilentfernung ausreichend funktionsfähiges Lebergewebe übrigbleibt – andernfalls droht der Tod durch Leberversagen. Das Leberzentrum des Universitätsklinikums Frankfurt setzt in diesen Fällen ein Verfahren ein, das der Leitende Oberarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Prof. Andreas A. Schnitzbauer, mitentwickelt hat. Bei der Associating Liver Partition and Portal vein Ligation for Staged hepatectomy (ALPPS) wird die Leber geteilt. Dafür trennt man zunächst den befallenen Teil der Leber vom gesunden ab und unterbindet die Blutzufuhr in das kranke Gewebe. Der intakte Teil der Leber wird dadurch stärker durchblutet und vergrößert sich in kurzer Zeit deutlich. Nach rund zehn Tagen kann er die Aufgaben der Leber allein bewältigen. Das befallene Gewebe lässt sich nun aus dem Körper entfernen. Der Rest des Organs ist danach frei von Metastasen. Im Herbst 2015 wurden unter zentraler Beteiligung des Frankfurter Leberzentrums erstmals die Anwendungs- und Forschungsergebnisse zu diesem Verfahren systematisch ausgewertet. „Die Studien bestätigen, dass die ALPPS eine vielversprechende Therapieoption für jene Patienten ist, für die keine anderen Behandlungsoptionen mehr bestehen“, fasst Prof. Wolf O. Bechstein, Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, zusammen.

Laser bekämpft Tumor und stärkt die Immunabwehr
Ein in diesem Jahr eingeführtes Verfahren bietet wieder Chancen für bereits behandelte Patienten, bei denen der Leberkrebs zurückkehrt. Die Therapie mit dem Namen immunstimulierende interstitielle Laser-Thermotherapie (imLIT) bekämpft die Tumorzellen und fördert gleichzeitig die körpereigene Immunabwehr für eine langfristige Heilung. Die Methode wird deutschlandweit einzig am Universitätsklinikum angeboten. Durch eine dünne Sonde, eine Art Schlauch, wird unter örtlicher Betäubung minimalinvasiv Laserstrahlung auf den Tumor geschossen. Dadurch werden die Krebszellen kontrolliert erhitzt und das Tumorgewebe zerstört. Zusätzlich regt die Behandlung auch das Immunsystem zur Antwort gegen die Krebserkrankung an. Diese Wirkung beruht wahrscheinlich auf einer Stimulation von Immunzellen durch Zellabbauprodukte, wie man sie auch von Autoimmunkrankheiten kennt. So erkennt der Körper bösartige Tumorzellen selbstständig besser, wodurch eine verstärkte Immunreaktion erreicht wird. Eine internationale Studie zu diesem Verfahren unter Leitung des Frankfurter Leberzentrums startet aktuell. „Es handelt sich bei dieser interventionellen Methode um eine für den Patienten wenig belastende Therapie. Wir erwarten, dass die verschiedenen Komponenten eine umfassende Behandlung der gesamten Tumorerkrankung ermöglichen – eine echte Chance für Patienten mit wiederkehrenden primären oder sekundären Tumoren (Metastasen) in der Leber“, erläutert Prof. Thomas Vogl, Studienleiter und Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum.

Das Leberzentrum: Vernetzung für den medizinischen Fortschritt
Im klinischen Alltag spielen Lebererkrankungen eine wichtige Rolle. Schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs nehmen kontinuierlich zu, können aber heute früher diagnostiziert und besser behandelt werden. Die zunehmende Komplexität und Spezialisierung in den einzelnen Fachgebieten verlangt nach einem gemeinsamen Konzept, das alle individuellen Aspekte berücksichtigt und immer wieder an veränderte Krankheits- und Lebenssituationen des Patienten angepasst werden muss. Um
diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben die Medizinische Klinik 1, die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie bereits 2007 das Frankfurter Leberzentrum gegründet. Im Mittelpunkt der interdisziplinären Zusammenarbeit steht das wöchentliche Leberboard, in dem alle Patienten mit komplexen Lebererkrankungen besprochen werden. Durch die enge Kooperation der Fachdisziplinen können neue Verfahren schnell in die Regelversorgung von Patienten integriert werden. Zudem erhalten die Patienten den Zugang zu modernen Medikamenten sowie diagnostischen und therapeutischen Verfahren bereits vor der Zulassung im Rahmen von klinischen Forschungsstudien.

 

Für weitere Informationen:

Sofosbuvir and Velpatasvir for HCV Genotype 1, 2, 4, 5, and 6 Infection.
Feld JJ, Jacobson IM, Hézode C, Asselah T, Ruane PJ, Gruener N, Abergel A, Mangia A, Lai CL, Chan HL, Mazzotta F, Moreno C, Yoshida E, Shafran SD, Towner WJ, Tran TT, McNally J, Osinusi A, Svarovskaia E, Zhu Y, Brainard DM, McHutchison JG, Agarwal K, Zeuzem S; ASTRAL-1 Investigators.
New England Journal of Medicine 2015 Dec 31; 373(27):2599-607. doi: 10.1056/NEJMoa1512610. Epub 2015 Nov 16.

Sofosbuvir and Velpatasvir for HCV Genotype 2 and 3 Infection.
Foster GR, Afdhal N, Roberts SK, Bräu N, Gane EJ, Pianko S, Lawitz E, Thompson A, Shiffman ML, Cooper C, Towner WJ, Conway B, Ruane P, Bourlière M, Asselah T, Berg T, Zeuzem S, Rosenberg W, Agarwal K, Stedman CA, Mo H, Dvory-Sobol H, Han L, Wang J, McNally J, Osinusi A, Brainard DM, McHutchison JG, Mazzotta F, Tran TT, Gordon SC, Patel K, Reau N, Mangia A, Sulkowski M; ASTRAL-2 Investigators; ASTRAL-3 Investigators.
New England Journal of Medicine 2015 Dec 31; 373(27):2608-17. doi: 10.1056/NEJMoa1512612. Epub 2015 Nov 17.

Systematic review and meta-analysis of feasibility, safety, and efficacy of a novel procedure: associating liver partition and portal vein ligation for staged hepatectomy.
Schadde E1, Schnitzbauer AA, Tschuor C, Raptis DA, Bechstein WO, Clavien PA.
Annals of Surgical Oncology 2015 Sep; 22(9):3109-20. doi: 10.1245/s10434-014-4213-5. Epub 2014 Dec 2.


Prof. Dr. Stefan Zeuzem
Direktor der Medizinischen Klinik 1
Universitätsklinikum Frankfurt
Fon (0 69) 63 01 – 45 44
Fax (0 69) 63 01 – 64 48
E-Mail zeuzem@em.uni-frankfurt.de


Prof. Dr. Wolf O. Bechstein
Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Universitätsklinikum Frankfurt
Fon (0 69) 63 01 – 52 51
Fax (0 69) 63 01 – 74 52
E-Mail Wolf.Bechstein@ukffm.de


Prof. Dr. Thomas J. Vogl
Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin
Universitätsklinikum Frankfurt
Fon (0 69) 63 01 – 72 77
Fax (0 69) 63 01 – 72 58
E-Mail Thomas.Vogl@ukffm.de


Stabsstelle Recht-, Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Universitätsklinikum Frankfurt
Fon (0 69) 63 01 – 77 64
Fax (0 69) 63 01 – 83 22 2
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